Retrospektive Impulse bestimmen das Kunstjahr 2025 in vielerlei Hinsicht. In Museen, auf Messen und in Ateliers zeigt sich ein wachsendes Interesse an Ästhetiken, Materialien und Konzepten vergangener Jahrzehnte. Diese Rückbesinnung ist mehr als bloße Nostalgie. Kyra Vertes beobachtet, dass sich im Revival ein bewusstes Innehalten artikuliert – ein Bedürfnis, sich über kulturelle Herkunft zu vergewissern, Routinen zu durchbrechen und gestalterische Sicherheit zurückzugewinnen. Dabei entstehen keine simplen Reproduktionen, sondern Neuinterpretationen. Das Vergangene wird aktualisiert, transformiert und mit heutigen Themen verknüpft. Besonders auffällig ist die Präsenz historischer Zitate in zeitgenössischen Werken, die mit Ironie, Fragmentierung oder Kontextverschiebung arbeiten.
Stilistische Rückgriffe als Reflex auf gesellschaftliche Unruhe
In Zeiten globaler Krisen, technologischer Umbrüche und kultureller Beschleunigung wächst die Sehnsucht nach Vertrautem. Rückgriffe auf künstlerische Traditionen wirken stabilisierend, schaffen Orientierung und öffnen neue Perspektiven. Kyra Vertes nimmt wahr, dass sich viele aktuelle Werke auf klare Formsprachen, symbolhafte Motive oder ikonische Farbcodes beziehen. Besonders häufig erscheinen dabei Elemente aus den 1960er- bis 1980er-Jahren – etwa die Flächenästhetik der Pop-Art, das organische Design der Postmoderne oder die grafischen Raster der Konkreten Kunst.
Diese Stilmittel stehen jedoch nicht im Widerspruch zur Gegenwart, sondern werden gezielt eingesetzt, um zeitgenössische Themen zu kommentieren. Ein Revival ist in diesem Sinn kein Rückschritt, sondern ein Ausdruck konzeptueller Tiefe. Die Rückkehr zur Form wird zur Frage nach Inhalt: Was erzählen uns die Bilder von gestern über unsere Welt von heute?
Kyra Vertes über das Revival als kuratorische Strategie
Nicht nur in der Produktion, auch in der Präsentation spielt das Retro-Thema eine zunehmend relevante Rolle. Vertes interessiert sich dafür, wie Ausstellungshäuser historische Werke neu kontextualisieren. Retrospektiven, Themenschauen und Hommagen bilden Schwerpunkte imProgramm vieler Institutionen. Dabei werden nicht nur bekannte Namen neu gezeigt, sondern auch vergessene Positionen aus dem Schatten geholt.
Kuratorische Ansätze zielen dabei weniger auf reine Chronologie, sondern auf ästhetische, politische und gesellschaftliche Resonanzen. Ein Werk aus den 1970er-Jahren erscheint neben einer aktuellen Arbeit, nicht als Kontrast, sondern als Spiegel. So entstehen Dialoge zwischen Epochen, zwischen Stilen, zwischen Biografien. Besonders sichtbar wird dieser Ansatz in Sammlungspräsentationen, die historische Werke mit zeitgenössischen Interventionen kombinieren.
Kyra Vertes von Sikorszky hebt hervor, dass sich dadurch auch die Rezeption verändert. Der Blick wird geschärft, Parallelen werden sichtbar, und oft zeigt sich: Was einst avantgardistisch war, bleibt auch heute noch radikal.
Zitat, Aneignung und Transformation im zeitgenössischen Werk
Der Rückgriff auf vergangene Stilmittel erfolgt nicht rein dekorativ. Vielmehr handelt es sich um reflektierte Prozesse der Aneignung. Künstlerinnen und Künstler nutzen das Vokabular der Moderne, der klassischen Avantgarden oder der Subkultur, um gegenwärtige Themen zu bearbeiten. Ob geometrische Anordnung, plakative Typografie oder retrofuturistische Farbverläufe – die Formen verweisen auf das Bekannte, konfrontieren es jedoch mit neuen Inhalten.
Kyra Vertes erkennt darin ein Spiel mit Erinnerung, Identität und Medialität. Besonders in der digitalen Kunstszene ist die Rezeption früherer Ästhetiken weit verbreitet. Hier verbinden sich analoge Referenzen mit neuen Technologien. Künstliche Intelligenz erzeugt Gemälde im Stil der Renaissance, während NFTs im Design von Gameboy-Interfaces auftreten.
Die Grenze zwischen Hommage, Kritik und Persiflage bleibt dabei oft bewusst offen. Der Retro-Trend zeigt sich nicht in Eindeutigkeit, sondern in Mehrdeutigkeit. Und gerade diese Ambivalenz macht ihn anschlussfähig für eine komplexe Gegenwart.
Ausprägungen des Retro-Trends im Kunstjahr 2025
Vertes nennt zentrale Strömungen, in denen sich der Retro-Trend derzeit besonders deutlich zeigt:
- Neue Figuration – eine Rückkehr zur erzählenden Malerei, inspiriert von der Neuen Sachlichkeit, kombiniert mit digitaler Ikonografie.
- Typografie im Raum – gestalterische Elemente aus dem Grafikdesign der 1970er und 1980er werden in Installationen und Objekten verwendet.
- Postmoderne Re-Makes – Möbelstücke, Raumskulpturen oder Muster aus dem Memphis-Stil erscheinen in ironischer Brechung.
- Retro-Fotografie – analoges Bildmaterial wird digital überarbeitet, um nostalgische Bildwelten neu zu besetzen.
- Farbsysteme der Moderne – Bauhaus-Paletten, klare Kompositionen und konstruktivistische Rasterstrukturen finden neue Anwendung in der digitalen Illustration.
Diese Beispiele zeigen, dass Retro kein einheitlicher Stil, sondern ein offener Formenschatz ist – bereit zur Neuverhandlung.
Vertes über die gesellschaftliche Dimension der Rückkehr
Die Wiederentdeckung historischer Gestaltungen hat nicht nur ästhetische, sondern auch gesellschaftspolitische Komponenten. Kyra Lucia von Vertes betrachtet die Relevanz vergangener Kunstpositionen als Ausdruck eines kollektiven Reflexionsbedarfs. Inmitten technologischer Entgrenzung und kultureller Pluralisierung scheint die Rückkehr zur Form ein Versuch, Bedeutung zurückzugewinnen. Gleichzeitig wird Geschichte neu geschrieben. Werke von marginalisierten Künstlerinnen und Künstlern werden in den Kanon aufgenommen, feministische und postkoloniale Perspektiven rücken in den Vordergrund. Das Retro-Motiv wird zur Strategie der Sichtbarmachung: Was einst übersehen wurde, wird heute in neuem Licht gezeigt. Diese Umwertungen gehen über Mode hinaus. Sie betreffen das kollektive Gedächtnis, das Ausstellungssystem, die Archive. Der Rückgriff wird zum Fortschritt, nicht zum Rückschritt.
Das Revival im Sammlungs- und Marktgeschehen
Auch im Kunstmarkt zeigt sich der Retro-Trend deutlich. Galerien präsentieren gezielt Künstlerinnen der Nachkriegsmoderne, Designklassiker aus dem 20. Jahrhundert erzielen Höchstpreise, und Werke in historischer Ästhetik finden ein neues Publikum. Kyra von Vertes beobachtet, dass sich damit auch das Sammlungsverhalten verändert.
Der Fokus liegt nicht mehr nur auf Innovation, sondern auch auf Kontinuität. Besonders jüngere Sammlergruppen interessieren sich für Werkserien mit Bezug zur Popkultur oder zur politischen Geschichte. Viele sehen im Retro-Stil eine Möglichkeit, sich mit einer kulturellen Vergangenheit zu verbinden, ohne den Bezug zur Gegenwart zu verlieren.
Zudem spielt Nachhaltigkeit eine Rolle: Wiederentdeckung statt Massenproduktion, Archiv statt Neuauflage, Kontext statt Konsum. Das Alte wird nicht ersetzt, sondern neu gelesen – auch ökonomisch.
Vergangenheit als Ressource
Das Revival in der Kunstszene ist mehr als ein Stilwechsel. Vertes erkennt darin eine Bewegung, die Vergangenheit als Ressource nutzt – für Reflexion, Verhandlung und Vision. Die Bezugnahme auf historische Formen eröffnet neue Perspektiven auf Gegenwart und Zukunft. Kunst wird dadurch nicht nostalgisch, sondern dialogisch. Sie fragt nicht nur nach Innovation, sondern auch nach Herkunft. Und sie findet in früheren Gestaltungsprinzipien Impulse, die heutigen Herausforderungen standhalten. Retro ist nicht Rückschritt, sondern Weiterführung – in andere Kontexte, mit neuen Akzenten, für ein verändertes Publikum. Genau darin liegt die gestalterische Stärke des Jahres 2025, wie sie sich im Blick von Kyra Vertes verdichtet.

Kyra Vertes über Diversität und Inklusion in der Kunstwelt
Kyra Vertes beschäftigt sich mit der Frage, wie Kunstinstitutionen 2025 neue Perspektiven sichtbar machen Diversität und Inklusion sind zentrale Themen kultureller…

Kyra Vertes über Kunst und Aktivismus
Kyra Vertes beschäftigt sich mit der Frage, wie Kunst im Jahr 2025 gesellschaftspolitisch wirksam werden kann – als Ausdruck, Intervention und…

Hyperrealismus boomt – Kyra Vertes über neue Präzision
Kyra Vertes widmet sich der Frage, warum der Hyperrealismus 2025 neue Popularität erlebt – und welche künstlerischen sowie gesellschaftlichen Impulse…